Inklusiv unterwegs im Dezember 2019
Am Freitag den 13.12. (!), war wieder „Inklusiv unterwegs“- Zeit. Die Weihnachtsfeier der Kunterbunten Familien e.V. rückte näher und unsere zu betreuenden Kinder waren wieder unser Gesprächsstoff.
So eine Weihnachtsfeier ist ja ein ziemlicher Selbstläufer, mit Essen, dann Kasperletheater für die Kinder, dann wieder Essen. Da muss man hauptsächlich darauf achten, dass die Kinder nicht stiften gehen oder den Kasperl verstecken, aber sonst… so dachte ich.
Doch haste nicht gesehen, waren wir dann auf einmal bei Themen wie: „Was passiert, wenn ein Kind so schwer behindert ist, dass die Familie das nicht mehr stemmen kann?“ Ups. Soll ich jetzt ehrlich sein oder die Schülerinnen unauffällig zu einem anderen Thema lenken? Ich entscheide mich für Ehrlichkeit.
Also erstmal räuspern, kurzen mentalen Anlauf nehmen und dann antworten: „Wenn eine Familie das nicht mehr schafft, weil z.B. das Kind schwerst pflegebedürftig ist und rund um die Uhr, auch nachts, ständig betreut werden muss, dann kann es sein, dass das Kind ins Heim kommt.“ Ich blicke in verstörte Gesichter. „Wie, Frau Kroker? Wie alt sind denn dann die Kinder?“ „Das kommt darauf an, je nach Schwere der Behinderung. Die könnten so alt sein wie ihr.“ „Was? Da müssen die dann von zu Hause weg? Aber das ist doch so hart für die Kinder!“ Ich, möglichst vorsichtig – aber wie soll das in so einer Situation gehen? „Es gibt Kinder, die kommen schon als Kindergartenkinder ins Heim.“ Oh Mann, der Satz war zu viel für meine Jugendlichen. Jetzt habe ich sie schockiert. Ich blicke in entsetzte Gesichter. Eine kurze Verschnaufpause – zum Nachdenken – und dann geht’s ab. Ich sitze nur daneben, die Schülerinnen diskutieren untereinander und versuchen, zu verstehen.
„Wie können Eltern so etwas tun! Das ist ja grausam.“
„Ja, das musst du verstehen. Wenn man z.B. nicht mehr schlafen kann und wenn es Einem selbst dann nicht mehr gut geht.“
„Aber die Kinder sind doch noch so klein!“
„Aber im Heim kann sich jemand rund um die Uhr kümmern, das ist doch wieder gut.“
„Das ist ja furchtbar, die armen Kinder!“
„Vielleicht wird es manchen Eltern einfach zu viel, das musst du doch verstehen!“
„Im Heim sind Profis, die kennen sich mit allen Behinderungen aus, die wissen genau was sie tun müssen.“
„Das muss für die Mutter ja schrecklich sein. Ihr Kind herzugeben!“
And on and on it goes.
Ich sitze erstaunt daneben und denke mir: Wow! Manche Kids aus meinem Kurs sind erst 12 Jahre alt. In diesem Alter habe ich mir über solche Themen überhaupt gar keine Gedanken gemacht! Und hier sitze ich und darf erleben, wie junge Menschen über solch harte Realitäten diskutieren. Und ich erkenne einmal mehr, welche Entwicklungsmöglichkeiten dieser Wahlkurs bietet. Für die Schüler – und für mich.